(UN)SICHTBAR #3 Rassismus in Sprache & Bildung

In der dritten Veranstaltung der Reihe führen Josephine Apraku und Natasha A. Kelly in die Grundlagen der rassismuskritischen Pädagogik ein. Zum einen wird für die Bedeutung von Rassismus in Bezug auf die Thematisierung der Kolonialgeschichte sensibilisiert, zum anderen auf koloniale Denkmuster in alltäglichen Sprachhandlungen.

Josephine Apraku spricht in ihrem Input über strukturellen Rassismus und welche Bedeutung der Themenbereich des Kolonialismus für die rassismuskritische Pädagogik hat. Sie betont, wie wichtig ein Verständnis von Rassismus auch für einen historischen Lernprozess ist.

Denn Geschichte und Geschichts-Lernen sind niemals neutral und selbst in Rassismus verstrickt. Im aktuellen Geschichtsunterricht an Schulen drückt sich der weiße Blick über den deutschen Kolonialismus zum Beispiel darin aus, dass dieser in der Schule entweder gar nicht oder aber auf eine Art und Weise behandelt wird, die suggeriert, dass Kolonialismus nur Menschen auf dem afrikanischen Kontinent in der Vergangenheit betroffen hat, nicht aber die Menschen hier in Deutschland.
Diese Sichtweise normalisiert Weißsein und blendet damit die schwarzen Perspektiven aus oder wertet sie ab. So zeigen Schulbuchanalysen, dass z.B. Widerstand von Kolonisierten gänzlich ausgeklammert ist. Auch wird keine Verbindung zwischen der kolonialen Vergangenheit und der Gegenwart gezogen.

Für eine rassismuskritische Pädagogik gehe es daher nicht nur um die Inhalte, sondern vor Allem auch darum, WIE gelehrt und vermittelt wird.

 

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Obwohl Dr. Natasha A. Kelly Rassismus als vielschichtige Ideologie sieht, die auf der sprachlichen, visuellen und kognitiven Ebene zugleich wirkt, konzentriert sie sich in ihrem Input, dem Titel der Veranstaltung entsprechend, auf die sprachliche Ebene. Auch der deutsche Kolonialismus kann als sprachlicher Diskurs verhandelt werden, indem koloniale Denkmuster auf Sprachhandlungen eingewirkt haben und umgekehrt.

Natasha A. Kelly geht in ihrem Kurzvortrag besonders darauf ein, dass auch das Nicht-Nennen oder Nicht-Benennen eine rassistische Sprachhandlung sein kann. Dafür nennt sie zwei Beispiele: zum einen den Begriff der „Rasse“, für dessen Rekontextualisierung sie sich als soziale Kategorie ausspricht, zum anderen die Vorstellung des Deutschseins. Deutsch als nationale Identität sei im Zuge des Kolonialismus mit Weißsein gleichgesetzt worden, so dass das Selbstbild des weißen blonden Deutschen bis heute weit verbreitet ist. Schwarze Deutsche werden unsichtbar, obwohl Schwarze seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland leben. Dies könne als „Ent-wahrnehmungsprozess“ verstanden werden, in dem Subjektpositionen aktiv nicht wahrgenommen werden und somit auch keinen Eingang in Geschichte und Diskurse erhalten. Gleichzeitig werde so Nation mit Rasse gleichgesetzt, was strukturellen Rassismus in Deutschland begünstigt.
Mit Selbstbenennungen, z.B. als „schwarze Deutsche/ Frau“ werden nach Kelly soziale Realitäten sprechbar und damit auch wahrnehmbar. Gleichzeitig sichtbar werden so auch „weiße Deutsche“ und damit eine Geschichte von Weißsein in Deutschland.
Am Ende geht sie darauf ein, was ein postkolonialer Blick bedeutet, damit Wissensvermittlung in oder durch Museen als kritische Wissensproduktion gestaltet werden kann.

 

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In der anschließenden Diskussion geht es darum, warum Rassismus entgegenzuwirken auch für Weiße befreiend sein kann, über die spezifische Situation in Deutschland und was Pegida sichtbar macht, sowie das Zusammendenken von Rassismus und Sexismus. Auf das Verhältnis von individueller und institutioneller Verantwortung und warum es momentan noch wichtig für die Referentinnen ist, auf lernbereite Individuen zu setzen, wird ebenso eingegangen wie darauf, dass es kein Patentrezept gegen Rassismuserfahrungen gibt, sondern lediglich verschiedene Strategien. Angesprochen wird auch die Analyse von Kolonialismus in den Schulbüchern seit den 70ern und der lange Weg bis zur Anerkennung des Genozids gegen Herero und Nama.

 

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Empfehlungen zum Weiterlesen und Hören:
Hier der Link zur Expertise des IDB | Institut für diskriminierungsfreie Bildung „Kolonialismus und Kolonialrassismusin der Bildungsarbeit" in der Vielfalt-Mediathek des IDA e. V.
Kontaktiert bzw. gefolgt werden kann dem IDB | Institut für diskriminierungsfreie Bildung (facebook) bei Instagram und Twitter.
Unsere Seite ist noch im Aufbau: https://www.diskriminierungsfreie-bildung.de
Hier ein Link zum Thema (weiße) Rassismuskritik von Jule Bönkost „Rassismuskritik - Eine Frage der Perspektive"
Kontakt, Infos zu und Material von Dr. Natasha A. Kelly: http://www.natashaakelly.com und www.edewa.info