Aufbrüche der Zivilgesellschaft

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Mit dem „Aufruf zur Einmischung in eigener Sache“ trat am 12. September 1989 Demokratie Jetzt“ als Bürgerbewegung in der DDR in die Öffentlichkeit und erhob nachdrücklich einen politischen Mitwirkungs- und Gestaltungsanspruch in der SED-Diktatur. Genau ein Vierteljahrhundert nach der Berliner Gründungsversammlung führte die Tagung „Aufbrüche der Zivilgesellschaft“ zahlreiche der damaligen Initiatorinnen und Initiatoren, Zeitzeugen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und interessiertes Publikum zusammen. Der runde Jahrestag war Anlass, Reverenz zu erweisen den historischen Leistungen von „Demokratie Jetzt“ und „Bündnis 90“ in der Friedlichen Revolution, im deutschen Einigungsprozess und in der Bundes republik. Diesen Rückblick kombinierte die Konferenz mit der Frage, welche Impulse die Bürgerbewegung der DDR und die Friedliche Revolution geben können für die Zivilgesellschaft in ihrem Verhältnis zum Staat im 21. Jahrhundert. Es ging also darum, den Aufbruch von 1989 zu aktualisieren mit Blick auf eine Gegenwart, in der die konstituierenden Faktoren dieses Verhältnisses durch dynamische Prozesse wie die Digitalisierung selbst aufgebrochen zu werden scheinen.

Historische Würdigung der Bürgerbewegung wie auch die Versuche, ihre Beiträge zu aktualisieren, stoßen allerdings oftmals an eine Grenze, wenn sie sich an breitere Öffentlichkeiten richten: Das Wissen über 1989 schwindet. Die Erinnerung an Wolfgang Ullmann als einem auch in der Bundesrepublik politisch aktiven und bekannten Mitgründer von „Demokratie Jetzt“ kann hier durchaus als Gradmesser dienen: Trotz aller Anstrengungen, die Erinnerung an die Friedliche Revolution zu bewahren, ist unverkennbar, dass die ostdeutsche Bürgerrechtsbewegung und die ostmitteleuropäische Revolution allmählich ins geschichtliche Sediment Deutschlands und Europas absinken. Insofern haben die regelmäßig erhobenen Klagen über die geringen Kenntnisse von SchulabgängerIn nen über die DDR und die Friedliche Revolution einen realen Hintergrund. Selbst für diejenigen mit Basiswissen über DDR und 1989 hat die Friedliche Revolution oft einen ähnlichen Stellenwert wie die Bismarcksche Sozialgesetzgebung: Bei aller eher diffusen Vermutung, dass das irgendwie mit den sozialen und politischen Verhältnissen der Gegenwart zu tun hat, fehlen konkrete Anknüpfungspunkte.

Die Tagung „Aufbrüche der Zivilgesellschaft“ wurde organisiert von Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen in Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft. Wir danken für die großzügige Förderung der Konferenz wie auch der vorliegenden Publikation durch die Bundesstiftung Aufarbeitung.

 

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
März 2017
Herausgegeben von
Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen
Seitenzahl
88
Lizenz
All rights reserved
Sprache der Publikation
deutsch
ISBN / DOI
978-3-946541-17-2
Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Stephan Bickhardt: Die Bürgerbewegung in der Friedlichen Revolution 1989/1990. Ein freier Vortrag
Hans-Jürgen Fischbeck: Eine solidarische Gesellschaft als Ziel der Bürgerbewegung
Peter Skyba: Demokratie Jetzt und Wolfgang Ullmann
Sebastian Th. Richter: Rolle und Selbstverständnis der DDR-Opposition 1987-1989. Kristallisationskerne der Zivilgesellschaft?
Daniela Dahn: Mehr Demokratie? Das zivilgesellschaftliche Potential bürgerrechtlicher Reformprojekte – Nachwirken der DDR-Bürgerbewegung im vereinten Deutschland
Hansjürgen Garstka: Zivilgesellschaft in der digitalen Welt
Anke Domscheit-Berg: Zivilgesellschaft in der digitalen Welt
Autorinnen und Autoren
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