Dresden: Stadt mit durstiger Industrie

Interview

Gespräch mit Dresdens Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen über wassersensible Stadtplanung und den „großen Durst“ der Industrie

Blick auf die Elbe in Richtung Blaues Wunder. Am Ufer sieht man in regelmäßigen Abständen die Abdeckungen von Brunnen.

Dürre und Flut lagen in den vergangenen 20 Jahren in Dresden dicht beieinander und sind bis heute eine große Herausforderung für die Stadt. Auf die Fluten 2002, 2006 und 2013 folgten extrem wenig Elbewasser, absinkende Grundwasserstände und ausgetrocknete Bäche in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2022.

Mit Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen sprachen wir über wassersensible Stadtplanung in einer fortschreitenden Klimakrise. Wie wird Dresden konkret vorbereitet auf Starkregen, Dürre und extreme Temperaturen mit Rekorden von über 39 Grad? Was können Bürger*innen selbst tun? Warum braucht es Änderungen bei der Wasserversorgung, den Ausbau des Klärwerks Kaditz und ein neues Flusswasserwerk für den steigenden Wasserbedarf der Industrie?

 

Grit Ebert: In vielen Regionen Deutschlands sinken aktuell die Grundwasserstände. Wie sieht es in und um Dresden aus?

Eva Jähnigen: Wir hatten im Raum Dresden in der Phase, als es auch die Hochwasser gab, sehr hohe Grundwasserstände - so von 1995 bis 2013. Jetzt, nach mehreren starken Dürrejahren, sind bei uns im Schnitt die Grundwasserstände deutlich unter Niveau. Wir merken die Auswirkungen sowohl in der Landwirtschaft als auch bei den Stadtbäumen ganz deutlich. Das unterscheidet sich natürlich je nach Lage in der Stadt: Auf dem Hang ist es anders als direkt an der Elbe. Ich rede jetzt von Durchschnittszahlen.

 

Grit Ebert: Und wie wird sich künftig die Situation entwickeln?

Eva Jähnigen: Es gibt Klimaprognosen für das Elbtal und für Ostsachsen. Das Elbtal ist schon immer ein warmer Raum gewesen - ursprünglich eine Begünstigung. In Zeiten des grassierenden Klimawandels wird es zum Standortnachteil, weil wir sehen, es kommt weniger Regen bei uns an. Wenn Regen ankommt, sind es oft Starkregen-Zellen. Der Schwankungsbereich zwischen Regenanfall und fehlendem Regen wird größer und es wird wichtiger, den Regen im Boden zu halten.
Für Ostsachsen gibt es eine ähnliche kritische Prognose.

Daraus muss aus meiner Sicht resultieren, dass wir uns besonders beim Klimaschutz engagieren müssen und sollten, denn wir sind von den Folgen des Klimawandels stark betroffen. Wir erleben das und wir müssen den fahrenden Zug Klimawandel bremsen, damit es erträglich bleibt.

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Grit Ebert: Wer erhebt denn den Grundwasserstand in und um Dresden und wie?

Eva Jähnigen: Wir haben als Stadtverwaltung ein eigenes städtisches Messnetz. Man kann im Themenstadtplan der Stadt die Grundwasserlinien einsehen.

Umfassendere Untersuchungen für Sachsen gibt es vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Bundesweit ist sicher das bekannteste und einschlägigste der Dürremonitor des Helmholtz-Instituts in Leipzig, mit dem wir natürlich auch alle arbeiten und wo man sehr genau sieht, in wie vielen Bereichen Deutschlands Grundwasserdürre ist, obwohl es ja jetzt stärker geregnet hat.

Bei den Oberflächengewässern sehen wir alle: Es sieht gerade wieder ein bisschen besser aus. Es können wieder Dampfer auf der Elbe fahren. Die Gewässer sind nicht wie in den letzten Sommern größtenteils stark oder ganz ausgetrocknet. Aber der Grundwasserkörper hat sich von den Dürrezeiten noch nicht erholt. Und gerade auch außerhalb der Sommer, also in den Frühjahren und in den Herbsten, haben wir ein Defizit an Regen in der Gesamtmenge und deshalb dauert diese Grundwasserdürre an.

 

Grit Ebert: Um Wasser stehen ja die Natur, private Wassernutzer*innen, Industrie und Landwirtschaft in Konkurrenz. Wer entscheidet denn überhaupt, wer Wasser in welchem Umfang bekommt und auf welcher Grundlage?

Eva Jähnigen: Es gibt immer einen Gemeingebrauch an den Gewässern. Wenn irgendwo ein Bächlein fließt, dann darf man hingehen, mit einem Gefäß Wasser schöpfen und vielleicht seinen benachbarten Garten gießen. Aber wir dürfen als Wasserbehörde, wenn das Oberflächenwasser zurückgeht, diesen Gemeingebrauch einschränken und die Wassernutzung verbieten, solange noch Wasser fließt. Das haben wir auch in diesem Sommer wieder gemacht. Das ist jetzt schon mehrere Jahre so gewesen.

Beim Grundwasser ist es so, dass größere Grundwasserentnahmen genehmigungspflichtig sind bei der Unteren Wasserbehörde. Dabei muss natürlich die Wasserbehörde sehr genau kontrollieren und monitoren, wie die Situation ist, um solche Entnahmen bewerten zu können.

 

Grit Ebert: Es wird ja erwartet, dass sich der Wasserbedarf der Industrie im Raum Dresden bis 2030 verdoppeln wird. Jetzt haben wir gerade in den letzten Wochen gelesen, dass es eine Neuansiedlung geben wird des Chipherstellers TSMC, der als Chiphersteller auch einen enormen Wasserbedarf mitbringen dürfte. Wie kann denn dieser Bedarf gedeckt werden?

Eva Jähnigen: Ich richte erst einmal den Blick auf die Wasserversorgung, so wie sie jetzt ist im Raum Dresden. Wir werden in Sachsen aus den großen Talsperren des Osterzgebirges mit Wasser versorgt.

Bei uns an der Elbe kommt als Standortvorteil noch dazu, dass wir aus dem Uferfiltrat selber Wasser gewinnen können: In den Wasserwerken Hosterwitz und Tolkewitz fürs Trinkwasser und jetzt auch schon wieder im Wasserwerk Saloppe mit den Brunnen, die gerade gebaut werden, als Brauchwasser für die Industrie. Wir versuchen natürlich, den Brauchwasser-Bedarf für die Industrie nicht über das Trinkwasser abzudecken, sondern aus eigenen Wasserfassungen.

Im Vordergrund zwei Abdeckungen des neu gebauten Brunnensystems
Entlang der Elbe zwischen Waldschlösschenbrücke und Blaues Wunder sind neue Brunnen entstanden, um den steigenden Wasserbedarf der Industrie decken zu können.

Und weil wir diese Möglichkeiten der Wassergewinnung an der Elbe haben, ist es auch richtig, dass sie sich hier ansiedeln. Wir haben hier mehr Möglichkeiten als andere Orte Sachsens, wo diese Lagegunst nicht gegeben ist.

Jetzt steigt der Brauchwasser- Bedarf durch die Neuansiedlungen so an, dass wir das Konzept der Brauchwasser-Brunnen verlassen und es den Bau eines Flusswasserwerkes geben wird. Mit einer eigenen Leitung in den Nordraum werden die Unternehmen mit Wasser versorgt, wo es genutzt wird. Die Unternehmen werden aber viel Wasserrecycling machen müssen.

Das recycelte und verbrauchte Wasser wird dann über eine ähnlich große Leitung wieder zurückgeleitet an die Kaditzer Kläranlage. Die wird sowohl in der Behandlung quantitativ als auch im Umfang der Behandlung ausgebaut in den nächsten Jahren und von dort aus wird das recycelte, geklärte Wasser wieder in die Elbe zurückgeführt.

 

Grit Ebert: Du hast gesagt, es wird viel mit Uferfiltrat gearbeitet. Wie verhält sich das denn, wenn die Elbe Niedrigwasser hat, was wir ja immer öfter erleben? Geht das trotzdem uneingeschränkt?

Eva Jähnigen: Bisher ist das Dargebot noch nicht so gestört im Elbebereich, dass es da Einschränkungen gäbe. Und natürlich wird die Situation der Wasserfassungen und auch der wasserhöffigen Gebiete ständig kontrolliert, wie auch die Qualität dieses Uferfilrats. Aber die Elbe befindet sich natürlich insgesamt wieder in besserer Qualität als zu DDR-Zeiten, als die Klärwerke im Wesentlichen nicht mehr gearbeitet haben.

Wir haben in Dresden noch etwas Besonderes. Wir haben ein Notwassersystem mit Brauchwasser-Brunnen im ganzen Stadtgebiet. Das sind kleinere Brunnen, die wir selber als Stadtverwaltung betreiben, ausbauen und nutzen, um Grünanlagen und Bäume zu wässern oder auch zu anderen Maßnahmen wie etwa Löschen. Auch die Dresdner Gießinitiativen nutzen Brauchwasser-Brunnen mit. Das ergänzt im Grunde unser eigenes System und sichert die Stadt auch in Katastrophensituationen im Klimawandel mit ab. Das war keine billige Investition. Ich habe kämpfen müssen, dass das in den Haushalt kam. Aber ich glaube, das lohnt sich zur Resilienz.

 

Grit Ebert: In Dresden gibt es die Arbeitsgruppe Schwammstadt. Mich würde interessieren, wer da gemeinsam berät und wie der Arbeitsstand ist.

Eva Jähnigen: Seit vielen Jahren wird in der Dresdner Stadtverwaltung geforscht, gearbeitet zu Fragen der Wassersensibilität, zur ökologischen Entwicklung der Gewässer und zu einem vorbildlichen Umgang mit dem Regenwasser, was man ja möglichst im Boden halten muss, wie ich sagte.

Ich habe, seit ich 2015 ins Amt gekommen bin, den Schwerpunkt auf Umsetzungsmaßnahmen gelegt. Warum? Es hilft uns nicht zu wissen, was wichtig und gut ist, sondern wir müssen es tun!

Da ist einiges geschehen. Was wir aktuell machen, ist, dass wir im öffentlichen Raum, im Straßenraum, stärker Regenwasser-Versickerungen, zum Beispiel in Baumscheiben, prüfen. Wir haben ein Pilotprojekt im Südpark im Süden der Stadt hinter dem Unicampus, der ja sehr steil ins Stadtgebiet hineinfällt, was heißt, dass da natürlich auch Regenwasser-Mengen anfallen, die nicht so einfach versickern. Dort arbeiten wir erstmalig mit Rigolen, die das Wasser auffangen, halten und zur Versickerung bringen sollen.

Es hat eine Beratung für Bauherren gegeben, wie man mit dem Regenwasser umgehen kann. Und diese Maßnahmen werden wir noch forcieren im Zuge der notwendigen Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen.

Wir haben eine gut abgecheckte und geprüfte Regenwassersatzung. Die Regenwasser-Gebühren sind so gestaltet, dass es sich lohnt, Regenwasser selber zu nutzen und auszubinden, wenn das möglich ist. Das ist natürlich jetzt nicht jedem Hauseigentümer ohne Weiteres möglich.

Und wir kämpfen gerade im Stadtrat als Stadtverwaltung um den Erlass einer Begrünungssatzung, die bei großen Bauvorhaben – also nicht bei Einzelhaus-Bauvorhaben oder kleineren Bauten - vorschreibt, dass es begrünte Flachdächer und Hausbegrünung gibt und das mit Regenwasser-Nutzung verbunden ist. Auf eine Begrünung kann verzichten, wer das Regenwasser selber nutzt im Vorgarten. Da wissen wir noch nicht, ob es dafür Mehrheiten gibt im Stadtrat.

Man muss, wenn es um die Praxis der Klimawandel-Anpassung geht, eben auch als Verwaltung überzeugen und als politische Abgeordnete diese Dinge auch erkämpfen. Obwohl wir in Umfragen immer wieder hören, die Menschen sehen den Klimawandel; die Menschen wünschen sich diese Verbesserungen - mehr Grünflächen. Regenwassernutzung hat eigentlich eine hohe Akzeptanz. Aber wenn es darum geht, die Dinge praktisch zu verändern, ist es nie ein Selbstläufer. Aber es ist notwendig.

 

Grit Ebert: Ihr habt also eine Umfrage gemacht und die Dresdner*innen gefragt, wie sie zum Thema Schwarmmstadt, zum Thema Klimaanpassungen stehen?

Eva Jähnigen: Ja, und zwar schon 2017, also vor den Dürrejahren, schwerpunktbezogen in ganz verschiedenen Stadtteilen: in der Altstadt, in Gorbitz - auch ein überhitzter Stadtteil - und in Blasewitz - einem Stadtteil, der nicht so überhitzt ist. In all diesen Stadtteilen zeigte sich - mit Abstufungen - eine große Sensibilität dem Thema gegenüber! Mehr Grün. Grün gut bewässern. Im Sommer abkühlen, das wünschen sich alle. Aber man muss es umsetzen.

 

Grit Ebert: Da sind ja bei der Umsetzung Parks und Wälder wichtige Bausteine, um Wasser vor Ort zu speichern, aber eben auch das Klima in der Stadt zu verbessern. Welche Rolle spielt denn beides in Dresden aktuell?

Eva Jähnigen: Stimmt. Aber entscheidend ist ja, was im dichter bebauten Raum geschieht!

Wo wir große Grünflächen haben, stellt sich das Thema weniger. Auch da muss man natürlich darauf achten, dass nicht mehr versiegelt wird. Und wir dürfen nicht die Außenbereiche der Stadt zubauen - ganz, ganz wichtiges Thema. Wenn wir es müssen, wie für die Industrieansiedlungen, müssen wir einen Ausgleich schaffen im Stadtgebiet, nicht irgendwo! Das wird zusehends schwieriger.

Für die dicht bebauten und überwärmten Bereiche der Stadt brauchen wir ein Konzept der doppelten Entwicklung, also nicht nur Verdichtung, sondern auch Entwicklung eines Netzes von Grünflächen und wo immer möglich, auch Gewässer, die die Stadt kühlen.

Der Stadtrat hat 2018 mit dem Landschaftsplan, also der ökologischen Planungsgrundlage für die Stadtentwicklung, auch ein Leitbild beschlossen. Das besagt, die Stadt soll sich als kompakt bebaute Stadt im ökologischen Netz entwickeln. Also, wir wollen verdichten, aber so kompakt, dass wir die Stadt nicht weiter zubauen. Und nebenher müssen wir Grünräumen und Gewässern Platz lassen.

Man kann sich das zum Beispiel angucken am Kaitzbach, der ja an vielen Stellen schon ausgebunden ist, der wieder Platz bekommen hat. Um den Kaitzbach gibt es einen Grünraum und man sieht in den Stadtteilen dort, es bringt eine unheimliche Aufwertung und auch Attraktivität. Letzten Endes muss die Stadt als Lebensort attraktiv bleiben für alle, unabhängig vom Geldbeutel!

Grüne Infrastruktur ist eine ganz wichtige Dienstleistung, die im Klimawandel natürlich auch finanziert werden muss. Und sie muss gepflegt werden. Das hat man nicht mehr per se. Wir müssen Bäume gießen, Gewässer pflegen, die Biodiversität fördern. Und deshalb ist es auch eine finanzielle Frage, dass wir uns das leisten können müssen für alle in der Stadt. Das ist kein Nebenher. Das ist Existenzgrundlage!

 

Grit Ebert: Du hast gerade gesagt, man muss es sich leisten können. Das ist ein wunderbarer Übergang zu meiner nächsten Frage: Gibt es denn Wünsche an Landes- und Bundespolitik, um Kommunen besser in Anpassungsmaßnahmen zu unterstützen?

Eva Jähnigen: Zurzeit ist Klimawandel-Anpassung ebenso wie Klimaschutz immer noch eine freiwillige Aufgabe. Das, finde ich, muss sich unbedingt ändern!

Ich glaube, dass eine Stadt wie Dresden die Aufgaben, die damit verbunden sind, auch aus eigener Kraft schultern können muss. Natürlich brauchen auch wir Förderprogramme des Bundes. Ich denke aber vor allem an die kleineren Kommunen. Die brauchen dafür natürlich tatsächlich eine Finanzierung, weil sie diese Einnahmegrundlagen so nicht haben und weil der Nachholbedarf riesig ist.

Aber vor allem muss sich die Haltung zur grünen Infrastruktur ändern. Das ist eine Daseinsvorsorge-Dienstleistung, die ihren Preis wert sein muss und die für alle die Grundlagen eines attraktiven Stadtlebens, einer Wirtschaft vor Ort bietet.

Und dann gibt es noch konkrete Fragen, besonders im Baurecht - Sächsische Bauordnung, Bundesbaugesetz -, wo Klimawandel und Klimaschutzfragen besser berücksichtigt werden müssen, als es bisher der Fall ist. Darum kämpfen wir als Stadtverwaltung mit vielen anderen Beteiligten. Auch im Wasserrecht gibt es viele Punkte - Bundeswassergesetz, Sächsisches Wassergesetz -, die noch erarbeitet und vertieft werden können. Das sächsische Waldgesetz sollte Waldinseln in den Stadtgebieten besser schützen. Die sind nicht sehr gut geschützt in Sachsen. Das würde uns helfen.

 

Grit Ebert: Was könnten denn Dresdner*innen beitragen, um an dem Entstehen und Wachsen einer Schwammstadt mitzuwirken?

Eva Jähnigen: Vielleicht erzähle ich es mal an einem Beispiel: Ich durfte vor über zehn Jahren von meinen inzwischen verstorbenen Eltern das Haus übernehmen, was mein Großvater gebaut hat und umbauen. Und wir haben uns dann überlegt, was machen wir? Und ich habe meinem Mann gesagt, ich mache das überhaupt nur, wenn wir unser Regenwasser ausbinden und wenn wir das selber nutzen. Da haben alle gesagt: Na ja, kann man machen, rechnet sich wahrscheinlich nicht so schnell, macht Aufwand... Aber wir haben es gemacht, haben uns eine große Zisterne unter unserer Terrasse eingebaut und dann kamen die Dürrejahre und wir waren unglaublich froh, dass wir das gemacht haben, weil wir uns viel, viel Trinkwasser erspart haben und weil wir immer kühles Regenwasser vor Ort hatten. Also, ich kann solche Modelle, wer die Möglichkeit dazu hat, nur empfehlen.

Insgesamt müssen wir alle sensibler im Umgang mit Wasser und Grundwasser werden, etwa was die Reinhaltung der Gewässer und des Grundwassers betrifft. Wir haben ja Vermüllung an Gewässern - kein kleines Problem in der Stadt! Aber wir haben auch viele Menschen, die sich engagieren und Bäume gießen und den Müll wieder einsammeln, was mich total freut, weil eine Stadtverwaltung kann vieles tun, aber sie kann auch nicht an allen Orten sein. Und die Stadt sind wir alle, die Bürgerinnen und Bürger auch.

Und es geht auch um die Frage, wie gehen wir mit dem Wasserverbrauch um? Der ist in den Dresdner Haushalten nicht erheblich gestiegen in den letzten Jahren. Das finde ich vorbildlich. Das kann ein Teil der Lösung sein.

 

Grit Ebert: Wenn neue Quartiere erschlossen werden, setzt da die Stadt den Investor*innen auch bestimmte Rahmenbedingungen?

Eva Jähnigen: Wenn es jetzt ein einzelnes Bauvorhaben gibt, das nach Baugenehmigungsverfahren mit einer Baugenehmigung genehmigt wird, muss die Erschließung immer gesichert sein: Fragen der Wassernutzung oder Ausbindung werden dann mitentschieden und abgewogen.

Wenn es jetzt größere Baugebiete gibt, nach denen du mich gefragt hast, werden die ja über sogenannte Bebauungspläne geplant, die dann zum Schluss vom Stadtrat als Satzung beschlossen werden. Zu diesen Bebauungsplänen gehört immer, dass die Versorgung einschließlich der Wasserhaltung und natürlich auch der Abwasserentsorgung besprochen und geklärt wird. Und dann haben wir immer als Stadtverwaltung und zum Schluss der Stadtrat die Möglichkeit zu klären: Was passiert mit dem Regenwasser? Werden Rigolen zum Regenwasserfluss freigehalten? Was für Auflagen geben wir bzw. was für Vereinbarungen treffen wir mit dem Bauherrn zur Regenwassernutzung, wo das möglich ist? Wo bleiben Flächen frei? Wo halten wir Grünflächen vor? Wie werden diese bewirtschaftet? Da können wir eine Menge klären!

Und genau diese Rahmenbedingungen müssen wir als Stadt auch nutzen. Da gibt es Widerstände, weil das oft als zusätzliche Auflage, als Verbürokratisierung bekämpft wird. Aber wir brauchen einen Interessenausgleich zwischen Bauinteresse und baulicher Nutzung und unseren Lebensgrundlagen, die wir alle brauchen im Klimawandel. Ich höre aber von den Bauherren, die schon früher auf Regenwasser-Nutzung gesetzt haben in Dresden, dass sie inzwischen ziemlich glücklich sind über ihre Situation, weil ihre Vorhaben einfach attraktiver sind und auch besser für die, die sie nutzen.

 

Grit Ebert: Hast du abschließend noch einen Wunsch zum Thema Wasser in der Stadt, Wasser in Dresden? Gibt es etwas, was dich besonders bewegt oder was du dir besonders wünschst?

Eva Jähnigen: Ich wünsche mir, dass alle Menschen, die in der Stadt leben, arbeiten und wirtschaften, sensibel gegenüber den Umweltgütern sind. Stadtgrün, der Boden, das Grundwasser, das Wasser, das sind unsere Lebensgrundlagen und die machen unsere Lebensweise aus und sind im Moment durch den voranschreitenden Klimawandel so bedroht wie unsere Biodiversität. Darauf müssen wir uns einstellen, damit wir hier dauerhaft leben können und nicht einer Versteppung entgegensehen müssen. Und deshalb müssen wir Klimaschutz betreiben, denn die Vorsorge ist da entscheidend. Die Anpassung wird nicht reichen.

 

Eva Jähnigen rechts im Bild. Links hinter ihr ist die Elbe zu sehen.

Eva Jähnigen:

Eva Jähnigen ist Bürgermeisterin für Umwelt und Klima, Recht und Ordnung in Dresden. In der Dresdner Kommunalpolitik mischt die gebürtige Dresdnerin (*1965) seit 1990 aktiv mit. Seitdem interessieren und begleiten sie Themen wie Umwelt und Stadtentwicklung sowie Verkehr. Von 1991 bis 2011 gehörte sie dem Dresdner Stadtrat an und wirkte viele Jahre als Mitglied des Umwelt- und des Stadtentwicklungsausschusses. Von 2011 bis 2015 war sie Abgeordnete im Sächsischen Landtag. Anschließend wechselte sie an die Rathausspitze. Hier setzt sie sich u.a. für wirksamen Klimaschutz und eine lebenswerte, grünblaue Stadt ein.

 

Das Interview führte Grit Ebert im August 2023.

 

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