Ungerechte Wasserrechte

Wasserhahn mit einem Tropfen, in dem das Paragrafen-Zeichen zu sehen ist

Wasser brauchen alle!
Tiere und Pflanzen benötigen ausreichend Wasser in guter Qualität.
Für uns Menschen ist Wasser ebenfalls Lebensgrundlage, aber auch eine wichtige Ressource zur Herstellung von Nahrungsmitteln und Gütern sowie für deren Transport.

Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes steuert den Umgang mit Wasser in Deutschland: Es regelt die Bewirtschaftung von Wasser unter der Bedingung, Wasser im Gemeinwohlinteresse vor einer übermäßigen Nutzung, aber auch vor Verschmutzung zu bewahren. Jedes Bundesland für sich ergänzt bzw. konkretisiert die Bestimmungen des Bundes und regelt deren Vollzug.

Wer bekommt wie viel Wasser?

Wer Wasser in welchem Umfang nutzen darf, also ein Wasserrecht erhält und die Höhe darauf zu zahlender Wasserentnahmeabgaben wird in den einzelnen Bundesländern entschieden.

Neben Wasserversorgern, die uns alle mit Trinkwasser versorgen, erhalten Unternehmen Wasserrechte für unterschiedliche Zwecke: für die Beregnung von Feldern bzw. das Tränken von Tieren, für Kühlprozesse, für die Herstellung von Gütern u.v.m..

Vor allem Großverbraucher in Industrie, Bergbau und Landwirtschaft sichern sich langfristige Wasserrechte. Damit steht ihnen die Nutzung von definierten Wassermengen über einen bestimmten Zeitraum zu. Damit Unternehmen langfristig planen können und weil Wasser in ausreichendem Maß zur Verfügung stand bzw. man veraltete oder ungenaue Zahlen als Grundlage für weit in die Zukunft reichende Rechte legte, wurden Wasserrechte bislang großzügig und über lange Zeiträume gewährt. 

Bundesland Großverbraucher   Wasserverbrauch
Rheinland-Pfalz BASF* 1,2 Mrd. Kubikmeter / Jahr (Flusswasser)
20 Mio. Kubikmeter / Jahr (Grundwasser)
Nordrhein-Westfalen Evonik* 730 Mio. Kubimeter / Jahr
Nordrhein-Westfalen   RWE* 500 Mio. Kubikmeter / Jahr  
Sachsen / Brandenburg     LEAG 400 Mio. Kubikmeter / Jahr
Brandenburg PCK Schwedt** 12 Mio. Kubikmeter / Jahr (Grundwasser)
Brandenburg Acelor Mittal** 8 Mio. Kubikmeter / Jahr
Sachsen-Anhalt MIBRAG*** 2 Mio. Kubikmeter / Jahr
Sachsen-Anhalt Seydaland Vereinigte
Agrarbetriebe GmbH***  
2 Mio. Kubikmeter / Jahr
Brandenburg Tesla 1,4 Mio. Kubikmeter / Jahr
(Wasser-Großverbraucher in Industrie, Bergbau und Landwirtschaft, Stand: 2022
* Quelle: Correctiv, ** Quelle: Technik+Einkauf, *** Quelle: Mitteldeutsche Zeitung)

Können Wasserrechte ungerecht sein?

In Zeiten der Klimakrise wird die Ressource Wasser knapper.
Großzügig erteilte Wasserrechte der Vergangenheit werden heute regional zum Problem, weil Entnahmen durch Unternehmen die ohnehin begrenzteren Wasserressourcen zusätzlich schmälern.
Das Wasser fehlt in der Trinkwasserversorgung, dem Wäldchen vor Ort, dem kleinen Dorfteich, auf dem Feld oder überall.

Bürger*innen wehren sich gegen den Ausverkauf des Wassers vor Ort, oft Hand in Hand mit Umweltverbänden. Es kommt zu immer mehr gerichtlichen Auseinandersetzungen, weil die Konkurrenz um die Ressource Wasser erheblich zunimmt (1).
Beispiele finden sich in der gesamten Republik: Im Osten ist es die Gigafactory von Tesla in einem Gebiet nahe Berlin, das ohnehin bereits von Wasserknappheit geplagt ist. Im Norden ist es die Bürgerinitiative "Unser Wasser", die die Nutzung eines weiteren Brunnens durch Coca Cola (vorerst) in Lüneburg verhindern konnte - einem Gebiet, das besonders von Wasserverlusten geprägt ist. Im Süden machen Bürger*innen gegen Expansionspläne von Adelholzener mobil. Im Westen wehren sich Bürger*innen gegen eine übermäßige Bewässerung von Feldern aus Sorge um ihr Trinkwasser.

Währenddessen Bürger*innen seit vielen Jahren Wasser sparen und mit immer neuen Ideen und Möglichkeiten des Sparens versorgt werden, blieben Großverbraucher unter dem Radar.
Bis heute werden an die Erteilung von Wasserentnahmen keine Verpflichtungen etwa zum Sparen von Wasser oder zur Kreislaufführung geknüpft. Nur selten werden über angemessene Wasserentnahmeabgaben Anreize für Unternehmen gesetzt, ihren Verbrauch zu senken, etwa durch wassersparende Verfahren.

Aktuell verbrauchen die Unternehmen das Vierfache des Wasserverbrauchs aller Bürger*innen Deutschlands zusammen (2). Allein der Energieriese LEAG pumpt in der Lausitz jährlich für den Braunkohle-Abbau so viel Grundwasser ab, dass damit eine Stadt mit rd. 10 Mio. Einwohner*innen ein ganzes Jahr damit auskommen würde!

Wie werden Wasserrechte gerecht(er) verteilt?

(1) Für die Erteilung von Wasserrechten ist eine gesicherte Datenlage über die vorhandenen und erwartbaren Wasserressourcen unerlässlich. In Prognosen sind die Auswirkungen der Klimakrise unbedingt einzupreisen.
(2) Entscheidungen sind transparent zu machen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wer wieviel Wasser woher benutzt.
(3) Wasserrechte sollten so gestaltet werden, dass Änderungen jederzeit möglich sind.
(4) Für den Erhalt einer Entnahmegenehmigung ist der Nachweis über eine effiziente Wassernutzung verpflichtend.
(5) Wasserentnahmeabgaben werden in angemessener Höhe von allen Verbraucher*innen bezahlt.
(6) Eine besonders effiziente Wassernutzung (z.B. durch Kreislaufführung) sollte sich in Ermäßigungen der Wasserentnahmeabgabe niederschlagen als Anreiz, den Verbrauch in einem Unternehmen möglichst niedrig zu halten: Je effizienter, umso günstiger.
(7) Für Zeiten knappen Wassers (z.B. im Sommer mit einer langen, extrem heißen und trockenen Periode) muss klar sein, wer noch Wasser bekommt, wer nicht bzw. nur noch in reduziertem Umfang. Der öffentlichen Wasserversorgung muss Vorrang gewährt werden.
(8) Städte wie Frankfurt und Hamburg sind angehalten, Wasser vor Ort zu halten (Schwammstadt). Es sind Wege zu finden, um Trinkwasser in den Städten einzusparen (z.B. bei der Bewässerung von Stadtgrün) bzw. Möglichkeiten auszuloten, wo Brauchwasser Trinkwasser ersetzen kann.