Situationsanalyse rechter und antidemokratischer Strukturen im Erzgebirgskreis

Überblick über extrem rechte und anti­demokratische Strukturen und Zusammenhänge im Landkreis Erzgebirge - Analyse und Handlungsbedarfe

Risse in Lehmboden

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Extrem rechte und andere antidemokratische Strukturen sind im Erzgebirgskreis oft schon seit Jahrzehnten etab­liert. Die Kontinuitäten reichen von den Kameradschaf­ ten der 1990er Jahre und dem Nährboden des National­ sozialistischen Untergrunds (NSU) bis zu den professio­nalisierten und zielgerichteten Angeboten der heute stark ausdifferenzierten extrem rechten und antidemokrati­schen Gruppen.

Von rechtsesoterischen Siedler*innen bis zur neonazistischen Black­Metal­Szene gibt es heute eine Vielzahl von Angeboten, die sich nicht selten an die breite Gesellschaft richten und zu einer großen Akzep­tanz extrem rechter und antidemokratischer Angebote und Szenen geführt haben. Während die AfD hohe Wahl­ ergebnisse verzeichnen kann, ist ihre Verankerung in den Gemeinden gering: Extrem rechte Heimatvereine, Kan­ didierende extrem rechter Wahlvereinigungen und nicht zuletzt die Partei Freie Sachsen laufen ihnen in den Kom­munen den Rang bei der Mobilisierung extrem rechter Veranstaltungen ab. Die Freien Sachsen inszenieren sich als Kopf der verschwörungsideologischen Proteste, die seit Beginn der Covid­-19­-Pandemie in vielen Orten des Kreisgebiets jede Woche stattfinden.

Der Erzgebirgskreis kann mit seinen Besonderheiten wie den extrem rechten Heimatvereinen, den Tarnlisten, den bürgerlich ­rassistischen und verschwörungsideolo­gischen Protesten in einer bundesweiten Vorreiterrolle zur Erprobung extrem rechter Aktionsformen gesehen werden. Für die genannten Bereiche stellt dieses Policy Paper detailliert Beobachtungen zusammen.

Dass die genannten extrem rechten Angebote hier auf fruchtbaren Boden fallen, kommt nicht von ungefähr: Zum einen lassen sie sich in einer Region, in der sowohl der Heimatbegriff als auch die Tradition allerorten hoch­ gehalten werden, rückwärtsgewandte Motive leicht ver­mitteln. Dazu kommen die konservativen Werte, die durch die Verbreitung evangelikaler Auslegungen des Christentums weit verbreitet sind.

Im bundesweiten Vergleich findet sich der Erzgebirg­skreis zum anderen in mehrerlei Hinsicht am äußersten Ende wieder: die Löhne und der Ausländeranteil sind besonders niedrig, der Altersdurchschnitt besonders hoch. Etablierte Erklärungsmodelle sehen einen Zusam­menhang zwischen diesen Faktoren und den politischen Einstellungen und Wahlpräferenzen der Bevölkerung.

Aus der Analyse lassen sich folgende Handlungsbe­darfe identifizieren:

  • Aufgrund der weit verbreiteten extrem rechten und antidemokratischen Strukturen, der oftmals schwa­chen kritischen Zivilgesellschaft vor Ort und sich da­raus ergebenden Dunkelfeldern bedarf es einer Aus­weitung und Unterstützung des Monitorings antidemo­kratischer Bestrebungen.
  • Die vorhandene aktive demokratische Zivilgesell­schaft muss gestärkt werden, um antidemokratischen Bestrebungen etwas entgegenzusetzen.
  • Institutionen und demokratische Parteien müssen sich klar von Demokratiefeinden abgrenzen. Eine Ver­handlung um einen vermeintlichen Konsens kann mit ihnen niemals gelingen. Bei antidemokratischen Ak­teuren darf darüber hinaus nicht das Gefühl entstehen, sich ohne Konsequenzen über das Gesetz und die Spielregeln eines demokratischen Zusammenlebens hinwegsetzen zu können.

Eine Kooperation des Projekts neue unent­deckte narrative des Chemnitzer Vereins ASA­FF e.V., der „Partnerschaften für Demokratie“ Aue­-Bad Schlema, Lößnitz und Schneeberg sowie Olbernhau & Umgebung, des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts und von Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen.