Der Humangeograph Dominik Intelmann (Leipzig) forscht seit einigen Jahren zur wirtschaftlichen Strukur Ostdeutschlands. Auf der Konferenz (L)OST IN TRANSFORMATION (4./5.10.2019) junger Leipziger Wissenschaftler*innen hielt er einen Vortrag mit dem Titel "Kapitalismus in der Peripherie - die Politische Ökonomie Ostdeutschlands". Mit dem folgenden Essay umschreibt er kurz, worum es in seinem Vortrag ging:
Die Politische Ökonomie Ostdeutschlands ist geprägt durch eine strukturelle Abhängigkeit vom westdeutschen Landesteil. Dabei schlägt sich das Fehlen einer lokalen Eigentümer_innenklasse in einer dauerhaften Transferabhängigkeit nieder. Im Beitrag wird diese bis heute andauernde Situation anhand der politischen Richtungsentscheidungen im Wiedervereinigungsprozess rekonstruiert.
Die Politische Ökonomie Ostdeutschlands lässt sich als Sonderfall charakterisieren: Seit 1990 wird auf dem Gebiet der neuen Bundesländer mehr konsumiert als produziert. Gleichzeitig wird diese Produktionslücke kontinuierlich insbesondere durch Sozialstaatstransfers aus einem innerstaatlichen Umverteilungsmechanismus geschlossen. Aufgrund der Eigentumsverhältnisse bezüglich der ostdeutschen Produktionsmittel und Immobilien gehen diese Transfers in eine Art Kreislaufprozess ein: Sie fließen zu einem großen Teil an die Eigentümer_innen in Westdeutschland, weshalb eine „selbsttragende Entwicklung“ stark erschwert wird. Außengesteuerte Entwicklung und permanente Staatsinterventionen sind die Charakteristika der disparaten ostdeutschen Ökonomie.
Der Osten und seine strukturelle Abhängigkeit von Westdeutschland - BoellSachsen
Direkt auf YouTube ansehenLinks zum Thema:
- Interview mit Dominik Intelmann: Die politische Ökonomie des Ostens und der Erfolg der AfD (Radio Corax, 11. September 2019)
- Interview mit Dominik Intelmann: Die politische Ökonomie des Ostens (Radio Corax, 9. Juli 2019)
- Debattenbeitrag von Dominik Intelmann: Sieben Thesen zur urbanen Krise von Chemnitz (Zeitschrift suburban, 15. Mai 2019)