Einführung in die Perlengeschichte Australiens

Die aus Sachsen zurückgeführten Vorfahren wurden während der Kolonialzeit von Perlenhändlern versklavt. Deswegen wird hier ein kurzer Einblick in die Geschichte der Perlenindustrie Australiens geboten.

Der britische Freibeuter William Dampier erwähnte bereits in seinem 1703 publizierten Bestseller A Voyage to New Holland die Anwesenheit zahlreicher Austernbänke in den Küstengewässern Westaustraliens. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten europäischen Glückssucher das wirtschaftliche Potential des Perlentauchens erkennen würden.

Zwischen 1850 und 1939 entwickelte sich Australien, und insbesondere das Städtchen Broome an der Nordwestküste Westaustraliens, zum Zentrum der weltweiten Perlenindustrie (70 % des Weltmarktes auf dem Höhepunkt der Industrie). Von Shark Bay an der Westküste bis zum nördlichen Teil des Bundesstaates Queensland an der Ostküste wurde nach Perlen getaucht. Die Arbeit war gefährlich. Nur in den ersten Jahren konnten die Muscheln bei Ebbe relativ einfach eingesammelt werden (dry shelling), so wie es Aboriginal People bereits seit Jahrtausenden getan hatten. Zwar hatten Perlen in der traditionellen Kultur kaum einen Wert, die Muscheln dagegen waren tausende von Jahren ein wichtiges Tauschmittel und wurden in Zeremonien verwendet. Letzteres geschieht auch heute noch im Nordwesten von Westaustralien.

Als die leichter erreichbaren Gewässer vollends ausgebeutet waren, musste tiefer getaucht werden. Das geschah zuerst ohne Sauerstoff (skin diving). Aboriginal People verweigerten diese Arbeit häufig, aber wurden schließlich dazu gezwungen, bis zu 12 Metern tief nach Perlen zu tauchen. Vor allem schwangere Frauen und Kinder wurden ihren Familien entrissen und auf die Perlenlogger verschleppt, wo sie oft monatelang unter härtesten Umständen arbeiten mussten. Die Schiffe waren wahre Krankheitsherde und ein Hort zwischenmenschlicher Spannungen durch den teils monatelangen Verbleib auf dem Meer. Manche kamen nie wieder. Sie wurden auf einem Riff zurückgelassen oder erschossen. Andere kehrten heim, waren aber in einer sehr schlechten körperlichen Verfassung. Sie hatten Lungenprobleme oder litten an Schmerzen durch Ohr- und Augenentzündungen. Andere waren körperlich misshandelt worden. Nachdem auch die auf diese Weise erreichbaren Stellen im Meer leergeraubt waren, wurde mit Sauerstoff getaucht. Diese Arbeit wurde meist von japanischen, chinesischen oder malaiischen Tauchern ausgeführt.

Die Perlenindustrie konnte sich teilweise deshalb so gut entwickeln, weil Missionare gegen Bezahlung den Perlenhändlern beim Rekrutieren von Arbeitskräften halfen. Somit änderten sich Missionsstationen von einem Ort des Schutzes zu einem der Ausbeutung. Laut einem Bericht des britischen Anthropologen Walter Edmund Roth rekrutierte der deutsche Missionar der Herrnhuter Brüdergemeinde Nicholas Hey 1901 in seiner Mission nahe Mapoon (Queensland) zum Beispiel 105 junge Männer für die Perlenindustrie. Und das, obwohl er sehr wohl Bescheid wusste, was dies für das Wohlsein der Männer bedeuten würde. 1908 sagte er vor einer staatlichen Kommission, die die Praktiken der Perlenhändler untersuchte, aus, dass die Sterberate unter Aboriginal People durch die Perlenindustrie erheblich gestiegen war. Dennoch schlug er derselben Kommission vor, ein ‚zentrales Depot‘ einzurichten, wo die Rekrutierung unter Aufsicht des Staates fortgesetzt werden könnte. Erst mit der Erfindung von Plastik kam die Perlenindustrie zum Erliegen und somit war auch die Zwangsarbeit durch Aboriginal People nicht mehr vonnöten.