Der Wiederanstieg des Grundwassers nach dem Ende des Kohleabbaus wäscht verwitterte Mineralien aus dem Gestein. Die chemischen Folgen verschlechtern die Trinkwasserqualität, greifen Gebäude an und verockern Flüsse und Seen.
Um einen Braunkohletagebau zu betreiben, müssen enorme Mengen Grundwasser abgepumpt werden. Diese sogenannte Sümpfung macht die Förderung erst möglich. 1990 waren 2.100 Quadratkilometer der Lausitz, eine Fläche knapp so groß wie das Saarland, trockengelegt. Große Teile davon sind seit mehr als 50 Jahren von der Grundwasserabsenkung betroffen. In Sachsen mussten allein 2013 rund 200 Milliarden Liter Wasser für die Freihaltung der Tagebaue abgepumpt werden – so viel wie zehn Liter auf jeden Quadratmeter sächsischen Bodens.
Die Sümpfung stellt für die betroffenen Grundwasserkörper eine Entnahme aus den Vorräten dar. Ehe das Wasser auf natürliche Weise wieder etwa auf Ursprungsniveau angestiegen ist, vergehen 20 bis 30 Jahre. Doch dies bringt neue Probleme mit sich: die Aufnahme von Verunreinigungen, die sogenannten Stoffeinträge.
Denn infolge der großflächigen Trockenlegung kommt es zu einer Belüftung der Bodenschichten. Die Folge ist eine Oxidation der darin enthaltenen Eisendisulfidminerale Pyrit und Markasit. Diese Pyritverwitterung führt beim Wiederanstieg des Grundwassers zur Freisetzung vor allem von Sulfat sowie Eisen- und Wasserstoffionen. Dies führt zu einer Versauerung des Wassers. Dadurch wiederum lösen sich auch im Gestein enthaltene Schwermetalle.
Die Stoffeinträge und die Versauerung wirken sich auf die Bergbaufolgeseen und die Fließgewässer aus, in die dieses Grundwasser eindringt. Diese Prozesse werden durch ehemalige und aktive Bergbauarbeiten gleichermaßen hervorgerufen. Sie wirken so lange, bis die belüfteten Erdschichten und Kippen ausgewaschen sind und die Frachten von Grund- und Oberflächenwasser aufgenommen wurden. Das kann mehr als 100 Jahre dauern. Ein sichtbares Anzeichen für das Auswaschen ist die Verockerung. Damit ist die Braunfärbung von Gewässern gemeint, die durch das bei der Pyritverwitterung entstehende Eisenhydroxid einsetzt. Der braune Schlamm setzt sich auch auf dem Gewässergrund ab.
Das in das Grundwasser aufgenommene Sulfat schädigt auch Bauwerke. Allein zwischen Rietschen und Boxberg im Landkreis Görlitz liegen Flächen von 7.200 Hektar, auf denen ein Sulfat-Gehalt des Grundwassers überschritten ist, jenseits dessen selbst ein Spezialbeton die Auflösung von Fundamenten von Brücken und Häusern nur hinauszögern kann – aber nicht verhindern.
Um die Auswirkungen stärker einzudämmen, könnte das beim Tagebau entnommene und dann umgelagerte Erdreich gekalkt werden, um die gebildete Säure zu puffern. Oder es könnten Dichtwände rings um Tagebaue gezogen werden, um den Wasserabsenkungstrichter zu verkleinern. Für die Bergbauunternehmen sind jedoch die Kosten zu hoch und der Aufwand zu groß.
Nachträgliche Maßnahmen wie das Abpumpen und Reinigen belasteter Wässer vor ihrem Eintritt in Seen und Flüsse sind flächendeckend kaum vorstellbar. Hinzu kommt das Problem der Endlagerung des dabei gewonnenen Eisenhydroxidschlamms. Aus der Grubenwasser-Reinigungsanlage Schwarze Pumpe werden seit 1998 jährlich rund zwei Millionen Kubikmeter sogenanntes alkalisches Eisenhydroxidwasser in den Tagebaurestsee Spreetal-Nordost an der Grenze zu Brandenburg eingeleitet. Ob es unter Sauerstoffabschluss bei niedrigen pH-Werten zur Bildung giftiger Stoffe kommen kann, ist umstritten. Die von den Betreibern bezahlten Gutachter schließen dies aus, Umweltverbände befürchten es und fordern die Deponierung des Schlamms. Mehrere 100.000 Tonnen lagern inzwischen auf dem Grund des Sees.
Seit 1990 mussten acht Trinkwasserwerke bei Leipzig und drei in der Lausitz geschlossen werden, weil die Wasserqualität unzumutbar war. Bis heute überschreitet das Trinkwasser einzelner Versorger im Leipziger Raum die Sulfat-Grenzwerte. Einzelne Gewinnungsanlagen und Wasserwerke werden auch künftig außer Betrieb gehen und ihre Abnehmer mit Fernwasser versorgt werden müssen. Eine vom Bergbau nicht beeinträchtige Trinkwasserversorgung aus ortsnahen Quellen ist oft unmöglich. In der Lausitz finanzierte der Bergbaubetrieb bislang noch Zuleitungen aus unbeeinflussten Gebieten, ohne eine Rechtspflicht dazu anzuerkennen.
Auch die Wasserqualität der Tagebaufolgeseen ist äußerst unbefriedigend. In Ostsachsen weist knapp die Hälfte saure Bedingungen auf. Nur neun Seen haben eine gute Qualität, zwei sind sauer beziehungsweise schwach sauer, fünf weitere stark sauer. Sie weisen pH-Werte wie die von Essig (2,5) und saurem Fruchtsaft (bis 2,8) auf. Saure Tagebauseen sind arten- und stoffumsatzarm. Angelfische leben zwar darin, nehmen aber in den sauren Bereichen der Seen keine Laichplätze an. Dies gefährdet die Reproduktion, selbst wenn einzelne Fischarten den pH-Wert noch tolerieren können.
Insgesamt ist die Situation um den Wasserhaushalt in den Bergbaugebieten angespannt. Um Seen guter Qualität zu erhalten, muss mehr sauberes Wasser aus Flüssen hineingepumpt werden, als in Form des eisenreichen, sauren Grundwassers zuströmt. Erst 20 bis 30 Jahre nach Abschluss der Kohlegewinnung ist der Wiederanstieg des Grundwassers abgeschlossen, und erst dann wird sich auch ein neues Gleichgewicht aus Zu- und Abflüssen einstellen. Durch Zuflüsse von außen liegt derzeit noch oftmals der Seewasser- über dem Grundwasserstand. Die Fließrichtung geht also von innen nach außen. Doch wenn das Grundwasser Seehöhe erreicht hat, kann diese Fließrichtung nicht mehr aufrechterhalten werden. Dann tritt eine Wiederversauerung ein, und die Wasserqualität verschlechtert sich erneut.