E wie Europa

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von  Wolfgang Berg

Wenn dieser Tage die irischen Wahlbürger/innen dem Lissabonner Vertrag zugestimmt haben und am Workshop der Hochschule Merseburg Studierende aus Cluj/Rumänien, Leszno/Polen und der Tschechischen Republik (Hradec Kralove und Prag)  ebenso wie aus Belgien oder Frankreich teilnehmen, wird mir wieder einmal bewusst, dass zur deutschen Demokratie auf jeden Fall das letzte „e“ gehört:

Die friedliche Revolution in der DDR war durch politische Bewegungen in den Nachbarländern stimuliert; die Deutsche Einheit, übrigens zugleich der Beitritt der DDR zur EU, kam im Einvernehmen mit den europäischen Partnerländern zustande.

Die Erkenntnis, dass Demokratien generell friedlicher sind als autoritäre Regime oder geschlossene Gesellschaften, geht ja weiter: Demokratien können nicht nationalistisch sein, da viele Probleme und Interessen nicht an den Grenzen haltmachen, also auch die Bürger und Bürgerinnen in anderen Staaten betreffen und deren Beteiligung erfordern. Gewiss, wer wo in der EU Entscheidungen trifft ist nicht leicht nachzuvollziehen; immerhin haben die Regierungen der Mitgliedsstaaten, allesamt durch ihre Parlamentsmehrheiten legitimiert, das letzte Wort.

Zu einer europäischen Demokratie gehört aber vor allem, dass die Bürger und Bürgerinnen – der europäische Demos – in Firmen und Verwaltungen, in Vereinen und Verbänden, Parteien und Kirchen, in Bürgerinitiativen und Lobbys zusammenkommen. Hier sind noch viele Potentiale ungenutzt, wie ich vor ein paar Tagen merkte: Ein Kollege meinte, die sachsen-anhaltische Kooperation mit  polnischen Hochschulen sei nicht so wichtig, das geschehe in den Grenzregionen schon ausreichend. Professionelle wie bürgerschaftliche Aktivitäten sollten wir nicht delegieren.

Dass wir mittels  der  Europäischen Union wirtschaftlich mit anderen Ländern engstens und vorteilhaft verbunden sind, wissen wir. Dass wir uns damit auch in komplexen Interessenslagen und kultureller Vielfalt bewegen, ist nicht immer bewusst oder akzeptiert. Eben diesen Pluralismus, diese Vielfalt können wir nur mit Demokratie leben.

 

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Prof. Dr. Wolfgang Berg, Jahrgang 1949, ist Hochschullehrer an der FH Merseburg für Europastudien.